Mailumzug ohne Mailverlust

Soll der Mailserver gewechselt werden, von einem Anbieter zu einem anderen Anbieter, ohne eine Mail zu verlieren, dann ist eine gute Planung notwendig. Diese möchte ich hier am Beispiel beschreiben.

Ausgangspunkt

Sicherlich gibt es ganz unterschiedliche Gründe die einen Wechsel des Mailanbieters auslösen. Sei es Performance, fehlende Features oder nicht zugestellte Nachrichten. Das alles war aber okay in meinem Fall, hier waren es tatsächlich nichttechnische Gründe, wie Preissteigerungen über 20%, Verlagerung des Rechenzentrums von Deutschland ins EU-Ausland und schlussendlich die Nachricht Postfächer zu löschen bei Nichtbenutzung.

Planung und Vorbereitung

Für einen reibungslosen Umzug wäre es ideal, wenn die Nutzer der Postfächer einfach nur den Eingang- und Ausgangsserver der Mails vom alten Anbieter auf den neuen Anbieter umstellen müssen. Wohingegen alles andere gleich bleibt, also Benutzername, Passwörter, Port-Einstellungen in allen E-Mail-Programmen. Und alle Mails sollen auch erhalten bleiben.

Eine Mitarbeit von allen Postfach-Besitzern ist notwendig, um deren Passwörter im Klartext zu bekommen. Eine offene Kommunikation ist daher wichtig, um Misstrauen zu begegnen, zu sagen dass dies für ein paar Tage nötig ist, um einen Umzug durchzuführen. Denn alte Postfächer enthalten E-Mails, werden über IMAP genutzt, aber die neuen Postfächer bei einem neuen Anbieter sind erst mal leer.

Ich bin nicht an einzelnen Mails interessiert, wohl aber an der Anzahl der Nachrichten je Postfach. Warum? Die E-Mails sollen kopiert werden, also muss die Anzahl im Posteingang von alten und neuen Postfach übereinstimmen. Hierzu habe ich ein kleines Python-Script erstellt, welches imapclient nutzt:

sudo apt install python3-pip
pip install imapclient
from imapclient import IMAPClient
print("anbieter1")
accounts = [
['aaa@peichert.com', 'asdfghjkl'],
['bbb@peichert.com', 'qwertzuio'],
]
for a in accounts:
    server = IMAPClient('anbieter1.de', use_uid=True)
    server.login(a[0], a[1])
    select_info = server.select_folder('INBOX')
    print('%s: %d messages in INBOX' % (a[0], select_info[b'EXISTS']))
    server.logout()

Die Ausgabe ist eine Anzahl der Nachrichten je Postfach:

anbieter1
aaa@peichert.com: 123 messages in INBOX
bbb@peichert.com: 456 messages in INBOX

An dieser Stelle wird schnell deutlich, ob die korrekten Zugangsdaten des alten Mail-Anbieters vorliegen, keine Fehlermeldung entsteht, so dass der Umzug beginnen kann. Später kann dieses Script auch dupliziert oder erweitert werden, um für den neuen Anbieter eine Gegenkontrolle machen zu können.

Kopieren von IMAP Inhalten

Da das neue Postfach beim neuen Provider noch leer ist, möchte es mit dem Inhalten des alten Postfach befüllt werden. Hier muss aufgepasst werden, dass dabei die Mails nicht verändert werden. Es gibt Tipps im Internet, welche erklären, das alte und neue Postfach im E-Mail-Programm einzurichten und dann per Drag&Drop die Mails zu verschieben oder zu kopieren. Allerdings verändert sich hierbei der Empfangszeitpunkt, und es ist auch unnötig kompliziert.

Mit dem Toll Imapsync lässt sich sehr einfach der Mailbox-Inhalt von einer zu anderen Mailbox übertragen. Es gibt die Quellcode Variante, welche man selber kompilieren kann, oder es steht auch ein Webdienst kostenlos zur Verfügung: https://imapsync.lamiral.info/X/ – Die Synchronisation kann bei kleinen Postfächern innerhalb Minuten erledigt sein, bei großen Postfächern, welche einige GB an Daten enthalten, kann die initiale Synchronisation über eine Stunde dauern. Das Browser-Fenster vom Webdienst soll unbedingt offen gelassen werden, sonst stoppt der Abgleich.

Bis zum vollständigen Umzug der Domain (siehe unten) und um absolut keine E-Mail zu verlieren, kann nun alle paar Stunden erneut ein Abgleich gestartet werden, welcher dann auch schneller durchläuft als der initiale Sync, da zuverlässig jetzt nur noch die Änderungen übertragen werden.

Kündigung in 3 Schritten

Für einen Domainumzug ist ein Schlüssel, der sog. ein AuthCode nötig (AuthInfo bei de-Domains). Diesen bekommt man auf der Kundenseite des bestehenden Anbieters. Damit nicht jeder Fremde einfachso eine Domain umzieht, ist dieser Schlüssel für den Besitzer die Vollmacht sozusagen. Allerdings kann man diesen nicht sofort beim neuen Anbieter eintragen, um die Domain umzuziehen. Domains sind zusätzlich noch geschützt mit einem “Domain Status” einer Markierung “clientTransferProhibited” um einen Umzug zu verhindern.

Der erste Schritt ist die Domainkündigung mit dem Hinweis “Providerwechsel”. Nur so wird die Domain zum Umzug freigeben. Es dauert einige Zeit, bis der Status auf “ok” wechselt. Wenn alles automatisiert ist bei dem alten Anbieter, kann es knapp eine halbe Stunde dauern, bis im “whois” eine Änderung zu sehen ist. Falls man noch ein FAX schicken soll, dauert es sehr viel länger.

Erst jetzt im Status “ok” ist ein erfolgreicher Umzug möglich, so dass beim beim neuen Anbieter nun der Transfer mit AuthCode gestartet wird.

Der zweite Schritt ist, dass natürlich weiterhin eine Vertragsbeziehung mit dem alten Anbieter besteht. Dieser Vertrag würde gerne weiter in Rechnung gestellt werden, auch wenn man die Dienstleistung nicht mehr nutzt. Also muss der Vertrag komplett gekündigt werden.

Der dritte Schritt ist, dass man sich auch aus sämtlichen Newslettern vom alten Anbieter abmeldet. Denn obwohl eine Domain- und Vertragskündigung erfolgt ist, werden weiter Informationen zugestellt vom alten Anbieter in das mittlerweile neue Postfach.

Abschluss des Umzugs

Wenn der Umzug soweit geklappt hat, und keine Mail verloren ging: Glückwunsch!

Nun ist es Zeit, dass sich die Benutzer mit der neuen Umgebung vertraut machen können. Die neuen Zugangsdaten werden bereitgestellt, Hinweise zur eigenen Konfiguration, dem Ändern des Passworts und der Spam und Viren-Filter-Einstellung gegeben. Ein Wermutstropfen gibt es, denn die Mailprogramme fangen an, nach erfolgter Konfiguration und Wechsel der Serveradresse, alle Mails erneut per IMAP herunterzuladen. Aber bei schnellen Internet ist das flott erledigt. Viel wichtiger ist ja, dass keine Mail verloren gegangen ist.

Hast du schon mal eine Domain umgezogen und hat es für dich ohne Mailverlust funktioniert?

Author: admirableadmin

Hello World! Ich bin Andreas Peichert und entwickle und programmiere Software seit 2000. Zurzeit arbeite ich als Senior Solution Architect.

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